SWINEMÜNDE

           Hafen und Marinestadt Swinemünde
Swinemünde (Świnoujście) verteilt sich auf drei Inseln. Das Stadtzentrum und das Kurviertel befinden sich am Westufer der Swine auf der Insel Usedom. Der Frischereihafen, der Bahnhof und die Industriegebiete liegen am Ostufer auf der Insel Wollin. Ein kleiner Teil der Stadt verschläft derweil die Zeit auf der Insel Kaseburg (Kasibór) zwischen dem Piasten-Kanal (früher Kaiser-Wilhelm-Kanal), Alter Swine und dem Stettiner Haff.

Bis in das 18. Jahrhundert hinein war Swinemünde ein kleines Fischerdorf, das zunächst zu Schweden gehörte und 1720 an Preußen fiel. Unter der Herrschaft von Friedrich dem Großen wurde die Swine schiffbar gemacht und ein Hafen gebaut, der schnell an Bedeutung gewann. Das kleine Fischerdorf entwickelte sich so wirtschaftlich prächtig, dass es 1765 das Stadtrecht erhielt. Der deutsche Schriftsteller Theodor Fontane verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Swinemünde, wo sein Vater die Adler-Apotheke betrieb. Seinen Eindruck von der Stadt beschrieb Fontane später in dem Buch "Meine Kinderjahre":

Swinemünde war, als wir Sommer 1827 dort einzogen, ein unschönes Nest, aber zugleich ein Ort von besonderem Reiz. Wählte man als Beobachtungsposten den Kirchenplatz, zu dessen einschließenden Häusern auch unsere Apotheke gehörte, so ließ sich, obschon hier die Hauptstraße vorüberführte, wenig Gutes sagen, gab man aber die Innenstadt auf und begab sich an den 'Strom', wie die Swine genannt wurde, so verkehrte sich die bis dahin ungünstige Meinung in ihr Gegenteil.

Auch im 19. Jahrhundert florierte der Hafen. Dampfschiffe verkehrten regelmäßig nach Ostpreußen, Kopenhagen und Bornholm. Bauprojekte wurden angeschoben. So entstanden die beiden jeweils über 1.000 m langen Molen an der Hafeneinfahrt. Findlinge aus der pommerschen Umgebung dienten als Baumaterial. Seit 1874 schmückt den westlichen Wellenbrecher ein Navigationszeichen in Form einer Mühle. Es hat sich zum Wahrzeichen der Stadt entwickelt und ist auf fast jeder Ansichtskarte abgebildet. Um die Hafeneinfahrt nicht nur vor den Unbilden der Natur, sondern auch vor Feinden zu schützen, wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf beiden Seiten der Swine Festungsanlagen errichtet. Konkurrenz erhielt der Swinemünder Hafen erst, als Ende des 19. Jahrhunderts der Kanal Kaiserfahrt (heute Kanał Piastowski) entstand, der es auch großen Schiffen ermöglicht, bis nach Stettin zu fahren.

Marinestützpunkt Swinemünde

Schon Fontane fand das Stadtzentrum nicht besonders ansprechend. Daran hat sich nicht viel geändert. Gegen Ende des II. Weltkrieges wurde die Stadt mehrmals bombardiert. Am 12. März 1945 flogen Bomber der 8. USAAF vom Typ B 17 und B 24 den größten Angriff auf das zu dieser Zeit mit Flüchtlingen und deutschen Soldaten überfüllte Swinemünde. Ziel des taktischen Angriffs zur Unterstützung der heranrückenden Roten Armee war der Hafen mit seinen militärischen Anlagen, den Werften und die zahlreichen Kriegsschiffe. Swinemünde war zu diesem Zeitpunkt neben Kiel der wichtigste deutsche Marinestützpunkt im Ostseeraum. Etwa 4.500 Menschen sollen bei dem Angriff ihr Leben verloren haben. Die meisten von ihnen wurden auf dem Golm, einem einstigen Erholungsgebiet, beerdigt. Auch die Rote Armee und die britische Royal Air Force bombadierten Swinemünde. Ein Denkmal, das an die bei dem Angriff auf den Panzerkreuzer "Lützow" am 16. April 1945 umgekommenen britischen Piloten erinnert, befindet sich auf der Insel Kasibór.

Am Ende des Krieges lagen 55 Prozent der Stadt in Schutt und Asche. Im Gegensatz zu Danzig (Gdańsk), Breslau (Wrocław) und Warschau (Warszawa) wurde die Innenstadt von Swinemünde nicht wieder originalgetreu aufgebaut. Die Baulücken, die der Krieg hinterlassen hatte, wurden mit gesichtslosen Neubauten geschlossen, die das Stadtbild noch heute prägen. Nur hier und da stehen Häuser aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Das Wohnhaus von Theodor Fontana, in dem sich auch die Apotheke befand, gehört nicht dazu. Es stand in der heutigen ul. Marynarzy 7. Eine Gedenktafel an der Fassade des Nachfolgebaus erinnert an den Schriftsteller.
Noch heute lebt Swinemünde von den Urlaubern. Das Kurviertel erstreckt sich nördlich der Swinemünder Innenstadt. Neben prachtvollen Villen aus dem 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert prägen moderne Appartmenthäuser und Hotels das Kurviertel, das durch einen breiten Sandstrand von der Ostsee getrennt wird. Zu ausgiebigen Spatziergängen lädt immer noch der Kurpark ein.
Seit 2011 verbindet ein grenzüberschreitendes Ostsee-Boulevard das Kurviertel in Swinemünde mit den Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck auf der deutscher Seite. Das Boulevard ist insgesamt zwölf Kilometer lang und damit Europas längste Strandpromenade. An der Stelle an der Grenze, an der einst das Niemandsland (oder Kontrollstreifen) verlief, stehen eine Aussichtsplattform und eine Klammer aus Edelstahl, die das Zusammenwachsen der deutschen und der polnischen Nation symbolisieren sollen.

Foto: Robert Ignaciuk, Daniel Sysz / eswinoujscie.pl, Kai Ottenbreit (Archivbilder)
Fotos: Robert Ignaciuk
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